Wie spreche ich eine Kündigung aus?

Hallo und herzlich willkommen zu der 13. Folge von „wertschätzen und führen“. Wie schön, dass Du dabei bist.

Der Beitrag ist die ungekürzte Transkription der 13. Folge: „Wie spreche ich eine Kündigung aus?“. Der Download steht in Kürze zur Verfügung.

In dieser Folge zeige ich den 3. Schritt des Einfachen Feedbacks:

Wie kannst Du etwas ansprechen, was Dir auf der Seele liegt, Dir aber schwerfällt. Vor allem:  Wie kannst Du es SO ansprechen, dass die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner nicht der Wut, Resignation, Verzweiflung oder Scham anheimfällt.

Mein Name ist Claudia Schulz, ich bin Inhaberin von Ereignis Coaching, Autorin und Coach für Kommunikation und Konfliktlösung in Unternehmen, in denen mehrheitlich Frauen beschäftigt sind.

Dieser Podcast ist für Dich gedacht, wenn Du Dinge in die Hand nehmen möchtest, wenn Du Dinge verändern möchtest.

Für mich ist das Thema Kündigung eines der schwersten Themen. Das mag an meiner persönlichen Geschichte liegen. Mir wurde in meinem Angestellten-Leben drei Mal gekündigt. Das erste Mal wurde meine Redakteursstelle in meiner Urlaubszeit ausgeschrieben. Ich … hatte davon keine Ahnung. Die Annonce selbst war anonym gehalten. Sie entbehrte jeglichen Namen. Allein eine Telefonnummer und eine kurze Stellenskizze waren aufgeführt. Dass ich davon frühzeitig erfuhr, war reiner Zufall. Es war ein 30. August. Ich weiß es noch wie heute. Ich kam gerade aus meinem Korsika-Urlaub zurück. Kaum fünf Minunten in der Wohhnung, klingelte schon das Telefon. Eine Bekannte, die ich in den Verlag gebracht hatte und die nebenan wohnte, war am Apparat.

  • Claudia, es tut mir so leid, aber muss Dir eine schlechte Nachrichten überbringen. Das kann nicht bis morgen warten. Claudia, sie haben Deine Stelle ausgeschrieben.
  • Was? Wie kommst Du denn darauf? Das kann nicht sein.
  • Ganz sicher. Ich habe die Annonce gesehen. Es ist die Telefonnummer des Verlages, es gibt keinen Zweifel, schloss meine Bekannte.

In meinem Verlag gab es nur eine Redakteursstelle, nämlich meine, hier gab es tatsächlich kein Vertun.

Am nächsten Morgen – ich hatte den Verlag kaum betreten – fiel mir zu meiner Verblüffung meine Chefin um den Hals.

  • „Claudia, wie schön, dass Du wieder da bist, wir haben Dich so vermisst!“
  • „So?“, ich konnte nicht an mich halten. „Ich habe die Annonce meiner Stelle in der Zeitung gesehen.“

Seit dem Augenblick verstehe ich, weshalb es heißt: jemand werde so weiß wie eine Wand.

Meine Chefin wurde weiß eine Wand. Sie stammelte nur noch, „das war nicht für Deine Augen bestimmt g… bestimmt“. Aber das hatte ich mir auch schon gedacht.

Kündigung und Freistellung erfolgten erwartungsgemäß postwendend.

Weshalb schildere ich Dir diese Episode meines Arbeitslebens?

„Es dauert 10 Mal so lange sich wieder zusammenzufügen wie es dauert zu zerbrechen“, lässt Finnick Odair in den Tributen von Panem vernehmen. Das ist schön auf den Punkt gebracht. Auch wenn ich nicht zerbrochen bin, so hat mich die Kündigung doch beschämt und gab mir einen ordentlichen Knacks. Es hat lange gedauert, bis ich mich wieder zusammengesetzt hatte. Und das ist ein schweres Erbe für die nächste Stelle.

Auch meine Chefin schien sich alles andere als wohl in ihrer Haut zu fühlen.

Ja, das war eine Interpretation. Eine Interpretation, die auf der Beobachtung beruht, dass jegliche Farbe aus dem Gesicht meiner damaligen Chefin gewichen war, sowie auf der Beobachtung weiteren Verhaltens. So scheint es eine zutreffende Interpretation zu sein. Dennoch bleibt es gewiss eine Interpretation.

Als Führungskraft hast DU es in der Hand, Kündigungsgespräche – oder andere Gespräche mit beschwerlichen Inhalten – so zu führen, dass es die Beteiligten befähigt, sich weiterzuentwickeln. Davon haben alle einen Nutzen. Das entlastet Dich, die Führungskraft, und es entlastet die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter, die oder der in einem anderen Modus ihre nächste Stelle antreten kann. Damit erhöhst Du ebenfalls die Wahrscheinlichkeit Mitarbeiter*innen in DEIN Team zu ziehen, die sich nicht erst wieder zusammensetzen müssen. Denn was Du ausstrahlst, ziehst du an. Der bekannte Autor Brian Tracy geht in seinem Buch „Millionenschwere Gewohnheiten“ sogar so weit zu sagen, dass alles, was in Deinem Umfeld geschehe, mit Dir selbst zu tun habe. Aber damit ist mir bereits ein Ausblick auf die nächsten Folgen entfleucht.

Wie kannst Du also ein Kündigungs-Gespräch führen, dass keinen oder einen möglichst kleinen Scherbenhaufen hinterlässt?

Einfaches Feedback ist DAS probate Mittel dafür, um schwierige Gespräche so zu führen, dass sie für Dich und die anderen entlastend sind. Dabei sollte sein Zwilling nicht vergessen werden, die Anerkennung nach der KAI-Formel.

Führungskräfte-Trainings haben einst die Sandwich-Formel vermittelt. Ein Gespräch sei mit einem Lob zu beginnen, damit die Kritik gehört werden könne. Dann sei das Gespräch wieder mit einem Lob zu beenden – das funktioniert nicht. Das führte lediglich dazu, wie mir Mitarbeiter erzählt haben, dass bei einem Lob die anschließende Keule erwartet wurde.

Dienlicher ist es, das Gespräch mit der Anerkennung nach der KAI-Formel zu starten, dann Einfaches Feedback zu geben, um das Gespräch mit einer Anerkennung abzuschließen. Anerkennungen war der Inhalt der Folgen 8 und 9. Daher steigen wir hier direkt in Einfaches Feedback ein.

Einfaches Feedback besteht aus drei Schritten: 1. beobachten, 2. unterscheiden, was ich beobachte und interpretiere. Für diese beiden Schritte stehen Dir die Folgen 11 und 12 zur Verfügung.

Der 3. Schritt des Einfachen Feedbacks besteht darin, vornehmlich zu sagen, was Du beobachtet hast. Die Unterscheidungen, die Interpretationen, sind in einer Frage sehr gut aufgehoben.

Nehmen wir an, in der Wahrnehmung einer Führungskraft, die wir Ileane nennen, ist eine Mitarbeiterin, die wir Tabea nennen, nur noch ein Dorn im Auge. Wenn Ileane Tabea sieht, sieht Ileane rot.

Aus Ileanes Sicht, aus Sicht der Führungskraft, stellt sich die Zusammenarbeit folgendermaßen dar:

  • Tabea motzt dagegen, sobald Ileane eine Anweisung gibt
  • Tabea sagt das eine und tut hinter dem Rücken das andere. Ileane sagt, Tabea lüge, wenn sie den Mund aufmache
  • Wenn Tabea morgens kommt, macht sie sich erst einmal gemütlich, ehe sie überhaupt anfängt zu arbeiten.
  • Tabea ist nie, wirklich nicht ein einziges Mal pünktlich …

… und so könnte ich die Liste fortsetzen.

Diese Sichtweise von Ileane ist eine hübsche Reihe von Interpretationen.

Weshalb sind es Interpretationen?

  • Es sind Verallgemeinerungen, Bewertungen, Beurteilungen etc.

Werden Interpretationen in Form einer Aussage zur Sprache gebracht, führt das in einem Gespräch dazu, dass sich die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner rechtfertigt. Und dann dreht sich das Gespräch darum, dass es nicht stimme, dass sie nicht lüge, wenn sie den Mund aufmache, außerdem sei sie fleißig  … und der eigentliche Kern des Gesprächs rutscht aus dem Fokus. Die Beobachtungen zu kommunizieren, das hält wiederum den Fokus.

Bei Ileane und Tabea könnte das folgendermaßen aussehen.

Ok – beispielhafte Anerkennungen mag ich dann doch anbringen.

„Hallo Tabea, nimm doch bitte Platz. Dieses Gespräch zu führen, ist für mich nicht ganz einfach. Ich bin froh, dass Du diesen Termin bestätigt hast und jetzt wahrgenommen hast. Ich freue mich, dass Du um 9 Uhr gekommen bist, wie es abgesprochen war. Und gerne möchte ich Dir auch sagen, dass Deine Kollegin sich sehr gefreut hat, dass Du die Dokumentation für sie fertiggestellt hast.
Du lächelst. Daher gehe ich davon aus, dass Dich die Anerkennung freut. Das freut mich.
Was jetzt folgt, fällt mir, wie gesagt, nicht leicht. Wir haben bereits mehrere Gespräche geführt, das letzte vor zwei Monaten. Zwei Abmahnungen haben wir Dir bereits erteilt. Wir haben Deinen Arbeitsbeginn um eine Stunde nach hinten verschoben. 8.30 Uhr sei eine Zeit, die Du schaffen könntest, hast Du uns gesagt … bitte lass mich den Satz zu Ende bringen … In den letzten 30 Arbeitstagen bist du frühestens um 8.43 Uhr im Haus gewesen, an einigen Tagen sogar erst um 9 Uhr. Vor zwei Wochen habe ich Dich gefragt, ob Du es schaffst, um 8.30 Uhr zu beginnen, Du hast mich angesehen und hast „ja“ gesagt. Möchtest Du Dich an dieser Stelle dazu äußern?“

Ob eine Tabea daraufhin schweigt oder ob sie sich rechtfertigt, es ist entlastend, wenn Du als Führungskraft bei der Schilderung Deiner Beobachtungen bleibst und diese, wenn nötig, wiederholst, wie eine kaputte Vinyl-Schallplatte, die an einer Stelle hängen bleibt. Selbstredend gilt es nicht, sämtliche Beobachtungen zu benennen, aber durchaus solche, die den Schritt zu kündigen nachvollziehbarer machen.

So könnte das Kündigungs-Gespräch folgendermaßen fortgesetzt werden:

Wir haben Dir seit drei Monaten verschiedene Angebote gemacht, Tabea. Wir hatten Dir gesagt, dass es uns wichtig sei, Dir die Möglichkeit zu geben, dass Du Dich an Absprachen hältst. Bei Deinem Einstellungsgespräch haben wir Dir mitgeteilt, dass wir Wert darauf legen, dass Absprachen für alle gelten und dass sie eingehalten gelten. Wir haben Dich in dem letzten Gespräch darauf hingewiesen, dass wir die Kündigung aussprechen werden, solltest Du Dich nicht daran halten, um 8.30 Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Dementsprechend spreche ich hiermit die Kündigung aus.“

Wir machen einen Punkt an dieser Stelle – in einem realen Gespräch würden hier Formalia folgen.

Wie Du hören konntest, enthält dieses Gespräch wenig Ich-Botschaften. Tatsächlich halte ich diese eher für kontraproduktiv. Ileanes Gespräch mit Tabea ist gespickt von Beobachtungen, die eher aus Zahlen, Daten und Fakten bestehen. Diese geben wenig Angriffsfläche für Protest, ganz im Gegensatz zu Interpretationen. Daher ist es sehr wertvoll sich zu disziplinieren und vornehmlich Worte der Beobachtung zu wählen anstatt Worte der Interpretation.

 

Meine damalige Kündigung hatte hingegen einen anderen Hintergrund als Tabeas Unpünktlichkeit.

Ich war damals megastolz, dass mir während meines Praktikums, das ich nach meinem Studium absolviert hatte, eine Redakteursstelle angeboten wurde. Redakteurin, wie cool war das denn. Als weniger cool hat es sich für mich jedoch herausgestellt, dass die Verlagsführung  den Kompetenzaufbau von Praktikantin zu Redakteurin nicht betrieben hat – mit bekanntem Ende.

Fassen wir nochmals zusammen:

Kündigungsgespräche oder andere schwierige Gespräche, die von Interpretationen geleitet werden, also von Annahmen, Verurteilungen, Bewertungen oder Verallgemeinerungen, laufen Gefahr, den oder die andere herabzusetzen. Die niedergeschmetterte Angestellt wird zwar den eigenen Betrieb verlassen, aber diese Art und Weise, damit umzugehen, bleibt im eigenen System hängen. Wer „wertschätzen und führen“ hört, dürfte diese Art der Energie nicht im eigenen System haben wollen.

Eine vielversprechendere Kommunikationswahl ist das Einfach Feedback. Natürlich gepaart mit Anerkennungen nach der KAI-Formel. In einem inneren Klärungsprozess nimmst Du Deine Interpretationen wahr. Diese werde sie aber nur bruchstückhaft und idealerweise in Form von Fragen kommuniziert. Der Löwenanteil der Kommunikation in solchen Gesprächen besteht aus Beobachtungen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es friedlich zugeht, wenn Beobachtungen formuliert werden, ist sehr hoch. Und friedlich auseinander zu gehen, das ist ein echtes Geschenk – für beide Seiten.

Ich freue mich, dass Du mich bis hierher begleitet hast, und sage tschüs,

bis zum nächsten Mal.

Quellennachweise

Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1 (2014).

Brian Tracy: Millionenschwere Gewohnheiten. Bewährte Strategien um Ihr Einkommen zu verdoppeln und zu verdreifachen. Hörbuch 2019.

Foto

Claudia Schulz

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert