Weshalb Warum-Fragen Probleme schaffen

Hallo und herzlich willkommen zu Deinem Podcast „wertschätzen und führen“. Ich freue mich, dass Du dabei bist.

In der heutigen Folge zeige ich Dir, weshalb Warum-Fragen mehr Probleme schaffen als Probleme zu lösen“. Du lernst die beiden Problemkomplexe kennen, die eine Warum-Frage nach sich zieht, und Du hörst, welche Alternativen es stattdessen gibt, um Antworten zu bekommen.

Die ungekürzte Transkription der Folge findest Du nachstehend. Sie ist in Kürze auch als .pdf erhältlich. Die Podcast-Folge „Weshalb Warum-Fragen Probleme schaffen“ kannst Du auf verschiedenen Plattformen hören.

Mein Name ist Claudia Schulz, ich bin Inhaberin von Ereignis Coaching, Coach und Autorin. Ich stehe Führungskräften zur Seite, von der Geschäftsführung bis in mittlere Positionen, die mehrheitlich Frauen in ihren Teams beschäftigen. Meine Arbeit umfasst die vier Bereiche, welche die Führungsarbeit durchdringen, Unterbewusstsein, Kommunikation, Werte und die Führungsaufgaben. Um diese zu stärken biete ich Führungskräften auch pferdegestützte Coachings und Trainings an.

Wenn Du Deine Führungskompetenzen weiterentwickeln und etwas bewegen möchtest, bist Du bei „wertschätzen und führen“ goldrichtig.

Weshalb Warum-Fragen Probleme schaffen

In der letzten Folge, „Wer fragt führt“, habe ich verschiedene Frageformen vorgestellt, unter anderem offene Fragen, die auch als W-Fragen gelten. Sie fragen nach … was, wer, wie, wozu, weshalb, welche …. Ein Wörtchen erscheint jedoch nicht in dieser Aufzählung. Das ist das Wörtchen „warum“. Das liegt an zwei guten Gründen, die ich gleich erläutern werde.

Doch zuerst möchte ich etwaige Skepsis ausräumen, die sich möglicherweise bei Dir einschleicht.

Denn nach dem Warum zu fragen, scheint das Natürlichste der Welt zu sein. Das von mir gerne gehörte Inforadio proklamiert beispielsweise: „Wir lieben das Warum“.

Kinder haben eine ausgedehnte „Warum-Phase“ und treiben einen damit schier in den Wahnsinn, wenn sie ein und dieselbe Antwort zum 100. Mal erbitten. „Kind, putzt Du Dir bitte die Zähne?“ – „Warum?“ – Wäschst Du Dir bitte die Hände?“ – „Warum?“ – „Stellst Du bitte Deine Tasse in die Spülmaschine?“ – „Warum?“

Was Kinder antreibt, ist zum einen Neugier. Sie wollen Zusammenhänge verstehen. Zum anderen suchen sie Sicherheit. Sie vergewissern sich, dass die Dinge heute noch so sind, wie sie gestern waren.

Auch Führungskräfte, die Mitarbeiter*innen eine Warum-Frage stellen, wollen in der Regel Zusammenhänge verstehen und Sicherheit in Bezug auf Missstände bekommen, wenn etwas nicht funktioniert hat.

Daher mag es Dir sonderbar erscheinen, wenn ich Dir als Führungskraft das folgende nahelege: Wenn Unstimmigkeiten auch nur ansatzweise in der Luft liegen, ist die Frage nach dem Warum kontraproduktiv.

Es gibt zwei gute Gründe, NICHT nach einem Warum zu fragen, oder anders ausgedrückt: Wenn Du bei Unstimmigkeiten nach dem WARUM fragst, bekommst Du anstelle einer Lösung wahrscheinlich zwei neue Probleme.

Das erste Problem, das sich häufig entwickelt, ist das folgende: Die Warum-Frage taucht im Führungsalltag gerne auf, wenn etwas schiefgelaufen ist. Meistens mischt sich Unmut, Gereiztheit, Unverständnis oder Ungeduld in die Frage nach dem Warum, ohne dass die Person, die die Warum-Frage stellt, sich dessen zwingend bewusst wäre. Doch dieser Unmut überlagert zumeist die aufrichtige Neugier und das einfache Bedürfnis zu verstehen, was geschehen ist. Wenn Vorgesetzte eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter fragen, warum sie oder er etwas getan oder nicht getan habe, versetzt die Frage die gefragte Person allzu häufig in Stress.

  • „Warum haben Sie das Projekt liegen lassen?“
  • „Warum erscheinen die Zahlen hier nicht?“
  • „Warum haben Sie die eMail nicht beantwortet?
  • „Warum kann mir das niemand sagen, bitte?“
  • „Warum hast Du Dich zur Fortbildung angemeldet ohne mit mir Rücksprache zu halten?“

Ein kritischer Grundton oder Unterton bringt die Person, von der eine Antwort erwartet wird, unter Rechtfertigungsdruck.

Diejenigen, die beantworten sollen, warum sie dieses oder jenes getan oder nicht getan hätten, fühlen sich häufig an die Wand gedrängt. Einige sagen auch, sie fühlten sich beschämt.  Eine „Warum-Frage“ birgt dementsprechend ein hohes Risiko, in einen Schlagabtausch „ich habe Recht, Du hast Unrecht“ zu schliddern. Fragen sind zwar grundsätzlich hervorragend dazu angetan, einen solchen Schlagabtausch im Keim zu ersticken. Aber eine Warum-Frage droht einen solchen Schlagabtausch zu befeuern. Und ein Schlagabtausch führt wiederum selten zu den gewünschten Ergebnissen. DESHALB ist eine Frage nach dem Warum in den meisten Fällen kontraproduktiv.

Es gibt einen zweiten Grund, weshalb „warum-Fragen“ wenig dienlich sind.

Niemand weiß, ob eine Warum-Frage wirklich zutreffend beantwortet wird. Denn nur ein Bruchteil der Impulse, die unser Körper an unser Gehirn sendet, wird, so sagen Forscherinnen und Forscher, der Großhirnrinde zu einer bewussten Verarbeitung vorgelegt. Anders ausgedrückt, wir haben wenig Ahnung, was tatsächlich in den Tiefen unseres Gehirns vor sich geht.

Wer sich schon einmal mit dem „Inneren Kind“ beschäftigt hat, weiß, welch gigantischer Speicher für Erlebnisse und Gefühle unser Unterbewusstsein ist, und zwar für Erlebnisse und Gefühle, die tief in uns verborgen und unserem Bewusstsein nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind. Daher ist es grundsätzlich fraglich, wie belastbar eine Antwort auf eine Warum-Frage ist.

Das gilt umso mehr, wenn sich die gefragte Person in die Ecke gedrängt fühlt und sich vielleicht sogar schon der inneren Panikzone nähert. In einem emotionalen Zustand der Beschämung oder in panikartigem Zustand greifen die eigenen Schutzmechanismen, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen. Aber Menschen neigen dazu, in einer solchen Situation einfach irgendetwas zu sagen, um dieser Situation zu entkommen.

Jetzt mal im Ernst. Möchtest Du in Deinem Führungsalltag wirklich Zeit damit verbringen, Antworten hervorzurufen, deren Aussagekraft fraglich ist?

Wahrscheinlich nicht wirklich.

In diesem Fall ist es hilfreich, von der durchaus beliebten Warum-Frage Abstand zu nehmen, sobald die Atmosphäre geladen ist.

Was kannst Du stattdessen tun

Ein „Warum“ lässt sich paraphrasieren also umformulieren.

  • „Was hat Sie dazu bewogen, andere Projekte vorzuziehen?“ anstatt „Warum haben Sie das Projekt liegen lassen?“
  • „Wie kommt es, dass die Zahlen hier nicht erscheinen?“ anstatt „Warum erscheinen die Zahlen hier nicht?“
  • „Konnten Sie die eMail nicht beantworten?“ anstatt „Warum haben Sie die eMail nicht beantwortet?
  • „Welche Informationen fehlen, um die Frage beantworten zu können?“ anstatt „Warum kann mir das niemand sagen?“
  • „Was hat Dich dazu bewogen, keine Rücksprache mit mir zu halten?“ anstatt „Warum hast Du Dich zur Fortbildung angemeldet ohne mit mir Rücksprache zu halten?“

Du hast es vielleicht an der Stimmlage gehört, „Warum-Fragen“ tendieren eher dazu hart und schroff gestellt zu werden, die paraphrasierten Fragen sind weicher. Sie lassen mehr Raum für die Neugier und das Bedürfnis zu verstehen, was geschehen ist. Derlei offene Fragen können dazu beitragen, eine angespannte Atmosphäre zu entspannen.

Gleichwohl trifft eine Umschreibung nicht immer genau das, was ich mit dem Original, dem Fragen nach dem Warum“ ausdrücken wollte. Auch ist es keine Garantie, dass sich die oder der andere nicht an die Wand gedrängt fühlt. Doch das Umformulieren des „Warum“ senkt das Risiko, dass eine Situation eskaliert.

Fassen wir nochmals zusammen

Offene Fragen sind grundsätzlich hilfreich, um Konflikte zu entschärfen. Die Frage nach einem Warum bringt häufig jedoch mehr Probleme als Lösungen mit sich.

Auf das Wörtchen „warum“ zu verzichten ist schon hilfreich, aber so ganz das gelbe vom Ei ist es auch nicht. An dieser Stelle kommt das Einfache Feedback ins Spiel. Vor kurzem hatte ich ein Erlebnis, das mein Verständnis von Einfachem Feedback auf den Prüfstand gestellt hat und mich zu neuen Erkenntnissen gebracht hat. Was geschehen ist und weshalb Einfaches Feedback ab sofort noch einfacher wird, das erfährst Du in der nächsten Folge.

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Ich freue mich, dass Du bis zum Ende dieser Folge dabeigeblieben bist.

Ich wünsche eine gute Zeit bis zur nächsten Folge und sage tschüs, bis zum nächsten Mal.