Coaching mit Pferden – wozu?

Pferde riechen, sehen und hören besser als Menschen

Pferde riechen, sehen und hören besser als Menschen. Foto: Christine Roos

 

Der NDR hat in einem Beitrag, ob der Boss vom Ross lernen könne, den Osnabrücker Psychologieprofessor Uwe Peter Kanning zu Wort kommen lassen. Dieser hat die „vergleichsweise neue Coaching-Methode“ als „völlig absurd“ bezeichnet. Er bezweifelt den Umkehrschluss, dass Mitarbeiter führen könne, wer Pferde führen könne, „[…] selbst der einfachste Mitarbeiter eines Unternehmens [dürfte] komplexer gestrickt sein […] als ein Pferd“.

Die Irritation ist verständlich. Als ich anfing, mein Pferd für Coachings und Trainings zu trainieren, war ich überzeugt, dass ich das Tier erzöge. Diese Einseitigkeit war eine Illusion. Die Stute hat mich Dinge gelehrt, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Sie können einem Pferd nichts, wirklich gar nichts vormachen. Darin toppt ein Pferd selbst die erfahrensten, marktführenden zweibeinigen Coaches. Pferde gibt es seit ca. 60 Millionen Jahren. Als Fluchttiere hören sie besser, sehen sie besser und riechen sie besser als Menschen. Sie nehmen Regungen im Millimeter-Bereich wahr und empfangen unsere innere Haltung wie Radiowellen. Wenn Gedanken, Gefühle und Worte in Einklang sind, kann ein Pferd näher kommen und folgen. Druck und Erwartungen verscheuchen die Pferde. Versucht jemand seine Ängste mit einer scheinbar selbstbewussten Haltung zu überspielen, bleiben die Tiere eher unbeeindruckt, egal wie wild Sie gestikulieren.

Insbesondere KMU profitieren davon

Das ist der Beitrag, den Pferde gerade für Unternehmer und Führungskräfte leisten, die qua ihrer Funktion als Chef selten eine direkte Rückmeldung aus ihrem beruflichen Umfeld bekommen. Wenn sich ein Pferd von Ihnen abwendet, oder wenn es Ihnen nicht folgt, ist das nicht zu übersehen. Das macht die Arbeit mit Pferden insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen so wertvoll.

Konzerne können sich leisten, „Schmerzensgeld“ zu zahlen, wie mir einmal die Führungskraft eine Medienkonzerns gesagt hat, die namentlich nicht genannt werden möchte. Für gutes Geld schreiben Mitarbeiter Konzepte zur Verbesserung der Unternehmenskultur und halten aus, wie die Vorschläge in den Schubladen verschwinden, ohne dass sich in dem Unternehmen je etwas ändern würde.

Kleinere Unternehmen können sich das schlichtweg nicht leisten. Der Fachkräftemangel ist real. Wenn diese weniger finanzkräftigen Unternehmen Mitarbeiter finden und binden wollen, sind Soft Skills ein Bereich, in den es sich zu investieren lohnt. Der finanzielle Aufwand ist überschaubar, und die Wirkung ist durchschlagend, wenn a) Neugier im Spiel ist und b) die Maßnahmen über einen gewissen Zeitraum hinweg erfolgen. Pferde geben dafür Impulse.

Thomas Alva Edison, dem Erfinder der Glühbirne, wird die Aussage zugeschrieben, wer immer das Gleiche tue, werde auch immer das Gleiche bekommen.“ Die Begegnung mit einem frei laufenden Pferd auf Augenhöhe ist für die meisten Menschen etwas Neues, das neue Ergebnisse schaffen kann. Erst wenn sie die Aufgabe wirklich erfüllen wollen, die ihnen aufgetragen ist, oder wenn sie anerkennen, dass es ihnen gar nicht geheuer ist, dem großen Tier ein Halfter umzulegen, wenden sich meine Pferde dem Menschen zu.

Agieren solange Zeit ist

Diese Erfahrung ist für viele Chefs ein Schlüsselmoment, weil viele gar nicht wahrnehmen, dass sie etwas überspielt haben. Sie erkennen es erst in dem Moment, in dem das Pferd nicht tut, was es soll. Und hier sind die Pferde eben kompromisslos. Sie lassen sich weder von einer Krawatte noch von einem Gehaltscheck beeindrucken. Das ist ein Geschenk für diejenigen, die wirklich etwas in ihrem Unternehmen verändern wollen.

Denn wenn erst die wertvollen Mitarbeiter gehen, ist es halt zu spät.

Claudia Schulz, Ereignis Coaching